Ein positives Selbstbild ist wichtig. Wir alle wollen dazugehören, anerkannt werden und uns als „gute“ Mitglieder einer sozialen Gruppe fühlen. Diese grundlegende soziale Motivation beeinflusst viele unserer Entscheidungen – auch dann, wenn es um prosoziales oder nachhaltiges Verhalten geht. Oft wissen wir genau, was richtig wäre: weniger verschwenden, Rücksicht auf andere nehmen, nachhaltiger konsumieren. Doch gleichzeitig möchten wir nicht aus der Gruppe herausfallen, nicht als „belehrend“ gelten. In unseren sozialen Gruppen – Freundeskreis, Klasse oder auch in sozialen Medien – herrschen unausgesprochene Normen darüber, was als „cool“, „normal“ oder „akzeptiert“ gilt. Diese Normen erzeugen, selbst wenn wir sie falsch einschätzen (Bursztyn & Jensen 2017), sozialen Druck, der manchmal dazu führt, dass wir uns gegen unser eigenes Wissen und unsere Werte verhalten. So entsteht eine Lücke zwischen unseren guten Absichten und unserem tatsächlichen Handeln. Forschung aus der Sozialpsychologie und Verhaltensökonomie zeigt, dass dieses Spannungsfeld zwischen Selbstbild, Gruppennormen und Verhalten weit verbreitet ist (z.B. Cialdini & Goldstein 2004; Bénabou & Tirole 2006).
In unserem Projekt möchten wir mit Schülerinnen und Schülern untersuchen, wie soziale Bilder und Stereotype dazu beitragen, dass wir uns nicht so verhalten, wie wir es eigentlich für richtig halten. Dabei sollen die Jugendlichen selbst herausfinden, welche Situationen und Themen an ihrer Schule besonders relevant sind. Drei Beispiele können als Anregung dienen:
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der Umgang mit Abfall (etwa achtlos weggeworfene Verpackungen oder Lebensmittelverschwendung in der Mensa),
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ungesundes Verhalten, das dennoch als „cool“ gilt (etwa zuckerhaltige Getränke oder das Rauchen auf dem Schulhof),
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sozialer Druck, bestimmten Konsumstandards zu entsprechen (Markenklamotten).
All diese Beispiele zeigen, dass soziale Bilder und Gruppendruck unser Verhalten stark beeinflussen, selbst wenn wir wissen, dass es sozial verträglichere Alternativen gäbe. Dies ist auch dann der Fall, wenn wir die „öffentliche Meinung“ falsch einschätzen.
Die Schülerinnen und Schüler sollen sich auf eine dieser Fragestellungen konzentrieren oder selbst ein ähnliches Phänomen aus ihrem Schulalltag identifizieren. Ziel ist es, den Zusammenhang zwischen sozialem Druck, Selbstbild und Verhalten zu verstehen – und dann kreativ nach Lösungen zu suchen. Denkbar wäre ein Plakatprojekt, das nachhaltiges Verhalten positiv sichtbar macht, eine Kampagne, die stereotype Bilder durch humorvolle Botschaften hinterfragt, oder kleine Experimente im Schulalltag. So könnten etwa Schülerinnen und Schüler testen, ob sich Verhalten ändert, wenn „gutes“ Verhalten spielerisch mit Anerkennung verbunden wird, z.B. wenn als „Veggie Hero“ gefeiert wird, wer vegetarisches Essen wählt. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen aus der Realität der Jugendlichen entstehen und zu ihrer Schulkultur passen.
Das Projekt ist im Bereich der Verhaltensökonomie verortet. Es möchte junge Menschen dazu anregen, kritisch über soziale Handlungserwartungen nachzudenken, und erfahrbar machen, wie man durch Beobachtung, Befragung und kleine Experimente gesellschaftliche Zusammenhänge sichtbar machen kann. So entsteht ein besseres Verständnis dafür, warum die Lücke zwischen Wissen und Handeln so hartnäckig ist – und wie man sie durch Kreativität, Humor und soziale Intelligenz ein Stück weit schließen kann. Wer die Mechanismen des sozialen Drucks versteht, kann sie umkehren: hin zu einem positiven sozialen Image des nachhaltigen, respektvollen und verantwortungsvollen Handelns.

