Seitdem ersten erfolgreichen Starts eines Satelliten in 1957 mit Sputnik 1, rasen mittlerweile über 30.000 Objekte größer als zehn Zentimeter mit Geschwindigkeiten von bis zu 28.000 km/h um unseren Planeten. Dazu kommen Millionen kleinerer Trümmerteile, die selbst bei minimaler Größe verheerende Schäden anrichten können. Ein einziges, nur wenige Millimeter großes Partikel besitzt durch seine hohe Geschwindigkeit die Zerstörungskraft einer Gewehrkugel. Die Gefahr ist real: 2009 kollidierte der aktive US-Satellit Iridium 33 mit dem ausgedienten russischen Satelliten Kosmos-2251, wobei über 2.000 neue Trümmerstücke entstanden, die seither als unsichtbarer Schrottgürtel die Erde umkreisen. Solche Ereignisse beschleunigen das sogenannte Kessler-Syndrom, eine gefürchtete Kettenreaktion von Kollisionen, die ganze Orbits für Jahrhunderte unbrauchbar machen könnte.
Die Konsequenzen betreffen nicht nur die Raumfahrt selbst, sondern unseren Alltag. In unserer modernen, technologisierten Gesellschaften sind wir abhängig von Satelliten für Navigation, Kommunikation, Wettervorhersagen und Klimamonitoring. Ein unkontrollierter Anstieg von Weltraumschrott gefährdet diese kritische Infrastruktur. Die Internationale Raumstation (ISS) musste bereits mehrfach Ausweichmanöver fliegen, um Zusammenstößen zu entgehen. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) warnt, dass ohne Gegenmaßnahmen die Menge an Schrott in den kommenden Jahrzehnten exponentiell wachsen wird, was die Kosten sowie Risiko für Raumfahrtmissionen weiter in die Höhe treibt.
Doch das Problem ist nicht nur technischer Natur: Jeder ausgediente Satellit stellt auch eine verschwendete Ressource dar. In den hochkomplexen Geräten stecken wertvolle Rohstoffe wie Titan, Aluminium, Gold, Platin und seltene Erden, deren Abbau auf der Erde mit hohem Energieaufwand und oft unter ökologisch und sozial problematischen Bedingungen verbunden ist. Statt diese Materialien zurückzugewinnen, verglühen sie beim Wiedereintritt in die Atmosphäre oder verbleiben als Müll im Orbit. Besonders problematisch sind giftige Substanzen wie Beryllium oder Hydrazin, die bei unkontrollierten Abstürzen freigesetzt werden und die Atmosphäre belasten können. Gleichzeitig steigt der Bedarf an neuen Satelliten: Bis 2030 könnten über 1.000 weitere pro Jahr ins All geschossen werden – eine Entwicklung, die das Schrottproblem weiter verschärft.
Die wirtschaftlichen Folgen sind bereits heute spürbar. Versicherungsprämien für Satelliten steigen, da das Kollisionrisiko zunimmt. Langfristig droht eine Verknappung nutzbarer Orbits, was den Start neuer Satelliten erschwert und Innovationen bremst. Obwohl es internationale Richtlinien wie die UN Space Debris Mitigation Guidelines gibt, die eine maximale Verweildauer von 25 Jahren für ausgediente Satelliten vorsehen, sind diese nicht verbindlich. Viele Staaten und Unternehmen ignorieren sie, weil kurzfristige Profite über langfristige Verantwortung gestellt werden. Es fehlt an technischen Standards für recycelbare Satelliten und an einer Infrastruktur, um Schrott einzusammeln oder wiederzuverwenden. Die heutige Raumfahrt folgt aktuelle noch dem Prinzip der „Wegwerfgesellschaft“: Satelliten werden für eine begrenzte Lebensdauer gebaut, nach ihrem Einsatz deaktiviert und dem Orbit überlassen. Doch dieses Modell stößt an seine Grenzen. Die endlichen Ressourcen und die zunehmende Vermüllung erzwingen ein Umdenken. Ohne nachhaltige Lösungen droht nicht nur eine unbrauchbare Erdumlaufbahn, sondern auch ein wirtschaftlicher Kollaps der Branche. Die Frage, wie Satelliten künftig so konstruiert werden können, dass ihre Komponenten wiederverwendet oder recycelt werden, ist daher keine Option, sondern eine Notwendigkeit.
